Songs, 2021

when you think you’ve seen everything, find we’re living in days like these

2020 1/2

Tolle Songs aus dem ersten Halbjahr

Es ist ein besonderes Jahr, dieses. Musikalisch! Selten so viel tolles neues. Hier eine wilde Playlist mit handgepicktem Liedgut von alten Bekannten und aufregenden Newcomern.

Parasite

Ist so gut wie alle behaupten. Angucken1.


  1. Und sich gleich anschliessend die anderen grotesk wunderbaren Filme des Meisters der Genregrenzenverwischung gönnen: „The Host“, „Snowpiercer“, „Mother“ und „Memories of a Murder“ seien hiermit besonders empfohlen. 

Ikarus

Ein US-amerikanischer Filmemacher freundet sich mit dem Wissenschaftler Grigory Rodchenkov an. Der ist ein sympathisches Schlitzohr. Ausserdem Chef der russischen Anti-Doping-Agentur. Und Kopf des russischen Doping-Progamms in Personalunion.

Etwas selbstverliebt1, aber spannend.

Ikarus auf Justwatch


  1. Der Regisseur, ein Amateur-Radrennfahrer, sucht zu Beginn des Filmes nach einem Arzt, der ihn dopt. Eitles Selbsterfahrungs-Kino – bis zum Grigorys Auftritt. 

Der Brocken

Der Brocken ist mitgekommen, das ist offensichtlich.

Eine Barrikade aus Fleisch ist er, abschirmend, abblockend steht er auf dem Konzert herum, ein Fels in der Brandung tanzender Menschen. Der Brocken tanzt nicht, der Brocken hört Reamonn oder Helene Fischer oder Heavy Metal, jedenfalls: Musik jenseits jeder Erotik.

Schwofen ist nicht die Sache des Brocken.

Helden in Dumpf-Posen

Eine Autogrammstunde bei Deutsch-Rapper Fler

Nicht im Bild: Fler

Fler ist Gangster-Deutsch-Rapper mit einem1 recht beschränkten Themenspektrum: die Bitches (Frauen), die Breitling (Uhren und andere Statusobjekte), der Beste (er). Er (Fler) ist wohl erfolgreich genug, Autogrammstunden rechtfertigen. Zufällig gab es neulich eine in Schlender-weite meines Zuhauses. Also hin, natürlich.

Piano & a Microphone 1983

„Is that my echo? Can you turn the lights down?“

Wer die übliche kommerzielle Leichenfledderei nach dem Tod von Superstars kennt, der muss bei der Ankündigung eines Albums mit „unveröffentlichten Demos“ des perfektionistischen Prince das Schlimmste befürchten.

Irrtum, glücklicherweise.

„Piano & a Microphone“ ist eine wunderbar intime Live-Aufnahme, weiteres Zeugnis des verlorenen Genius´ und in seiner spielerischen Leichtigkeit das Beste, was einer trauernden Musik-Gemeinde als erste posthume Veröffentlichung passieren kann.

„Piano & a Microphone“ von Prince hören/kaufen (via song.link)

Maniac

Und das ist die "Realität".
Und das ist die „Realität“.

Die Netflix-Serie Maniac entwirft eine retro-futuristische Welt1, in der es von tollen Details wie Trauma-Pillen2, Isolations-Möbeln, Fake-Friend-Agenturen, und persönlichen Werbeanzeigen-Flüster*innen3 nur so wimmelt.

Alleine, es gibt kaum Zeit sich in dieser umzusehen: Im Rahmen eines dubiosen medizinischen Experimentes werden die Köpfe unserer problembehafteten4 Hauptcharaktere Owen5 und Annie6 zwischen zwei Toaster-Hälften geklemmt, und dann erst geht „Maniac“ in die Vollen: Das Experiment7 erzeugt ständig neue Traumwelten, die von James-Bond-Miniatur zum Gangster-Drama bis hin zur „Herr der Ringe“-Parodie reichen.

Ich las in einer Kritik, es mache keinen Sinn, „Maniac“ verstehen zu wollen, die Serie entziehe sich. Dabei ist „Maniac“ sehr leicht zu verstehen: ein hochtalentiertes Team hat zu viele Ideen und viel zu viel Spaß daran, diese an die Wand zu werfen in der Hoffnung, dass am Ende was Interessantes kleben bleibt.

Schön, dass es „Maniac“ gibt. Nächstes Mal ein wenig weniger davon, bitte.

„Maniac“ auf Netflix angucken.


  1. Mehr als einmal musste ich an Terry Gilliams´ fantastisches „Brazil“ denken. 
  2. Nicht zur Bekämpfung eines Traumes, wohlgemerkt: Sondern um es immer wieder neu zu erleben. 
  3. Ein bösartiger Kommentar zur „Gig-Economy“ 
  4. vorsichtig formuliert. 
  5. Nuschelt sich tapfer durch alle Rolle(n): Jonah Hill. 
  6. Wie immer eine Freude: Emma Stone. 
  7. Das Sci-Fi-Geblubber über den Zusammenhang zwischen Pillen, Computern und Trauma gehört zu den schwächsten Aspekten der Serie. 

Idee: Ein Telekommunikations- Unternehmen, das ich einfach anrufen kann.

Ein Luftschloss, ich weiß. Aber lasst mich träumen1:

Du hast einen DSL-, Handy-, Kommunikationsdings2-Vertrag. Du hast ein Problem damit. Du gehst auf die Seite der Firma, siehst direkt die Telefonnummer, rufst da an. Ein Mitarbeiter meldet sich, er heisst Manfred. Du schilderst Manfred dein Problem. Manfred löst es.

Nun bin ich nicht naiv: Telekommunikations-Unternehmen funktionieren wie Drogen-Dealer, um wirklich erfolgreich zu sein, müssen sie bei der Nutzung des eigenen Produkts ultra-vorsichtig sein. Nur nicht in Versuchung kommen, keine Gelegenheiten schaffen.

Trotzdem: Ich glaube an einen Mittelweg, der fragile Firmen nicht unnötig in Gefahr bringt.

Ich glaube an Manfred — und dass ich ihn zurückrufen kann.


  1. Dieser Text entstand in einer Warteschleife. 
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