
2008 war das, da klangen fragile Akustik-Gitarren-Oden an dürre Liebe1 aus einer bärtigen Blockhütte im Nirgendwo, und alle horchten auf.
Onkel Floris endgültige Meinung
Florian Egermann, Medienkünstler, Aktivist und Astronaut trennt popkulturelle Spreu vom Weizen
Wer möchte, der kann sich bestimmt lang und breit mit den Hintergründen dieses Konzeptalbums („Jesus Saves. Moses Invests. Bhagwan Spends“.1) auseinandersetzen. Für deinen Genuss der Platte ist alleine die folgende Frage relevant:
Klingt ein Musik-Mix aus „The National“ und „Menomena“2 interessant?
Eben.
Wäre die Kunstfigur PeterLicht endlich mal verliebt, würde er vielleicht eine Platte machen wie „Grande“:
Jedes Wort ist abgewägt, die Kulisse klarster Pop, aber Kühle ist kein Lösung: Es muss heraus in rauschhaftem, melodienseligen Drang – das absurde iPhone wird beobachtet1, aber nicht begraben2 (sie könnte ja noch mal anrufen).
„Was ist heute so passiert? / Meine Virendatenbank wurde aktualisiert / Bitteschön und vielen Dank / Das ist nice, das ist nice!
Als ich heut in die Küche ging / Um drei Minuten vor halb Acht / hab ich kurz nicht an Dich gedacht“
Beseelteres ist dieses Jahr nicht mehr zu erwarten.
Hören/Kaufen: Spotify / iTunes


Du willst die Sommer-Platte?
Hier ist die Sommer-Platte, ein beseelter, bunter Soul-HipHop-Hybrid von Chance the Rapper. Wer die ersten beiden Kanye-West-Platten schätzt, wird hier glücklich.
Das Maifeld Derby in Mannheim ist ein Festival nach meinem Geschmack: Nicht zu groß/überlaufen, nette Atmosphäre und jede Menge spannende, (mir) neue Musik. Dieses Jahr1 hab ich´s nur ausschnittsweise und Freitag/Samstag mitgenommen, trotzdem: ein Fazit.


Oh, Unsicherheit.
Die letzte Veröffentlichung „The King of Limbs“ (2011) war eine Platte auf Auto-Pilot und eine Argumentationshilfe für alle, die Radiohead für total überbewertet halten – weinerlicher, mäandernder Art-Rock.
Jetzt – Erleichterung – meldet sich die vielleicht beste Band der Welt (begleitet von einem Social-Media Non-Event1) mit dem ausgezeichneten „Moon Shaped Pool“ zurück, und alles ist vergessen. Die Musik hat wieder Ziel und Sinn, hymnische Gezeiten, wunderbare Streicher-Arrangements, und keine stupide Robotik2 weit und breit.
Ha, Euphorie!
Hören/Kaufen: Offizielle Website, iTunes
Ich war neulich bei „Six Pianos1“, in dem sechs tolle Pianisten erst kurz ihre (tollen) eigenen Stücke vortrugen, und sich dann (auch toll, aber logischerweise ohne jede individuelle Note) dem Diktat des namensgebenden Stückes von Steve Reich unterwurfen2.
Das war alles voll Kunst-bürgerlich und (vom Publikum zu schliessen) gleichzeitig total hip, aber während ich dem Reich-typischen An-und Abschwellen einzelner Melodie-Fragmente lauschte und ausführlich Zeit hatte, meine Umgebung einzunehmen, musste ich wieder feststellen:
Die Philharmonie ist eine Turnhalle.
Nicht akustisch, das war wunderbar, wie all die anderen Konzerte. Aber dieser Raum! Die 70er-Jahre-Holzigkeit3! Der baumarktige Bühnenboden! Und: Die scheusslichen beleucht-die-Musiker-Lampen!
Meine Begleitung versicherte mir, dass die Philharmonie dank ihrer Architektur4 eine unglaublich gute Akustik hat, und das nach-empfinde ich. Sowas von.
Ich hörte aber auch die Medizinbälle dopsen.


„The Life of Pablo“ empfängt und umfängt mit dem majestätischen, wunderbaren Gospel von „Ultralight Beam“, bevor sich der Künstler ein Lied später wieder auf relevantes besinnt: „Now if I fuck this model / And she just bleached her asshole / And I get bleach on my T-shirt / I’mma feel like an asshole“.
Und so geht das weiter: Transzendenz und Gosse, hässlicher Hedonismus, Machismo und launige Selbst-Zweifel, unterlegt von verdammt feiner Musik1.
Also alles wie gehabt im Camp Kanye.
Für Stefan Riebel´s „__myspam“1-Projekt.